Wälder helfen der Seele

Dr. Gilad Ostrovsky, Leiter der Forstabteilung von KKL Israel, für den Wälder der Seele helfen.
Dr. Gilad Ostrovsky

Interview mit Dr. Gilad Ostrovsky, Leiter der Forstabteilung bei KKL-JNF Israel

Bei uns gibt es Ausgangsbeschränkungen, aber die Menschen können – mit ausreichend Sicherheitsabstand zu anderen – nach wie vor Erholung und Ablenkung in der Natur finden. Wie ist die Situation in Israel?

Die Vorgaben sind sehr viel strenger in Israel. Man darf seine Wohnung nur in einem Radius von 100 Metern verlassen.  Ausgenommen sind Arzt- und Apothekenbesuche sowie Lebensmitteleinkäufe. Nur noch für unerlässliche Tätigkeiten darf man zur Arbeit gehen. Bevor diese Maßnahmen in Kraft traten, haben extrem viele Menschen unsere Wälder und Parks besucht, was ich gut verstehen kann. Doch so viele Menschen auf wenig Raum bedeuteten auch ein hohes Infektionsrisiko. Daher ist das nun nicht mehr erlaubt.

Dürfen Sie noch in den Wäldern arbeiten?

In verringerter Teamstärke, ja. Wir haben 10 Regionen in Israel, jede wird von einem Förster geleitet und von einem Team betreut. Momentan dürfen den Förster nur noch 2 oder 3 Arbeiter unterstützen. Neben der Forstabteilung sind außerdem Bereiche wie das „Seed Department“ (etwa: Saatgut Abteilung, u.a. wichtig für die neuen Setzlinge), der Entomologe (verantwortlich für Waldgesundheit) und die ökologische Arbeitsgruppe noch aktiv. Wenn es in diesen Abteilungen eine Zwangspause gäbe, wäre die Arbeit von Jahrzehnten zunichtegemacht.

An was arbeiten Sie gerade konkret?

Zum einen kümmern wir uns im Ben Shemen Wald noch um die Folgen der schweren Stürme Mitte März. Durch umgestürzte Bäume sind Schäden an der Infrastruktur entstanden, beispielsweise an Bänken und Picknickplätzen, die wir jetzt absichern und behelfsmäßig reparieren müssen. Den Ben Shemen Wald besuchen jährlich rund zwei Millionen Menschen. Er muss also spätestens für die Zeit nach der Krise wieder für alle gut und sicher zugänglich sein.

Im Ben Shemen Wald bearbeiten wir auch immer noch die Brandschäden des letzten Jahres, die massiv waren. Ben Shemen ist einfach ein sehr wichtiges Waldgebiet für ganz Israel.

Außerdem müssen wir uns aktuell auf die Waldbrände im Sommer vorbereiten. Hierbei legen wir Pufferzonen um die Waldgebiete an, die die Ausbreitung von Bränden verhindern sollen. Das Ausdünnen von Unterholz ist eine weitere Maßnahme.

Jetzt, im Frühling, stehen aber auch viele grundsätzliche Aufgaben an: es ist die Jahreszeit, in der wir jährlich große Erhebungen durchführen über Art und Zustand unserer Flora und Fauna in den Wäldern Israels. Wir haben dabei in diesem Jahr einige erstaunliche Entdeckungen gemacht, zum Beispiel eine nahezu ausgestorbene Pflanzenart gefunden. Außerdem haben wir festgestellt, dass einige Blumenarten sich von den Freiflächen mehr und mehr in die Wälder hinein „bewegen“. Einige der aktuellen Erkenntnisse werden uns in Zukunft wichtige Dienste leisten.

Was wünschen Sie sich vor dem Hintergrund Ihres Aufgabenbereichs für die Zukunft?

Ich glaube, dass die Natur eine essentielle Bedeutung für den Menschen hat. Aktuell müssen sich die meisten Menschen zum Teil über lange Zeitspannen in geschlossenen Räumen aufhalten.  Manche sind sogar zu Isolation gezwungen und können ihre Wohnungen nicht verlassen. Das erste, was die meisten Menschen nach so einer Erfahrung wollen, ist, in der Natur zu sein.

Daher sind unsere Wälder gerade jetzt, für die Zeit nach der Epidemie, so wichtig. Das erkennen und wertschätzen wir in Zeiten wie diesen umso mehr.

Für die Zukunft wünsche ich mir, dass es in ganz Israel grüne Gürtel um Ansiedlungen geben soll, die den Menschen auch später im Alltag Kraft und Erholung spenden können. Die Natur ist in meinen Augen für die „public mental health“ („öffentliche Seelengesundheit“) von unschätzbarem Wert. Sobald es die Situation erlaubt, werde ich mich für solche Initiativen einsetzen.   

Dr. Gilad Ostrovsky ist der neue Leiter der Forstabteilung bei JNF-KKL Israel. Er lebt in einem Kibbutz in Unter-Galiläa.

Das Forstteam von KKL Israel im Ben Shemen Wald
Das Interview mit Dr. Gilad Ostrovsky und einigen KKL Mitarbeitern fand per Videokonferenz statt. Das grosse Foto auf dem Bildschirm zeigt KKL Forstarbeiter im Ben Shemen Wald an einem Picknickplatz, der von einem umgestürzten Baum komplett zerstört wurde.